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Hanauer Zeitung vom 25. Februar 1849

Langendiebach, 24. Febr. (Eingesandt). In früheren Jahren hat der Fürst von Isenburg-Birstein die Hütegerechtigkeit auf unseren Feldern in Anspruch genommen und sie auf eine wahrhaft barbarische Weise ausüben lassen durch seine Schafherden. So wurden im Jahre 1820 100 Morgen, welche Diebacher Bauern mit Raps bepflanzt hatten, ohne weiteres von den fürstlichen Schafherden abgehütet; im Jahre 1827 120 Morgen Waldboden, der mit Tannensamen und Hafer eingesät war, durch die fürstlichen Schafe total ruiniert; im Jahre 1839 300 Morgen, auf denen eine wunderschöne Erbsenflur stand, rein abgehütet, und dieser Skandal im Jahre 1841 unter dem Schutze bewaffneter Macht wiederholt. Die Diebacher hatten nämlich in dem ge-nannten Jahre ihr Oberfeld mit Kartoffeln, Flachs, Erbsen, Wicken, etc. bestellt und suchten die Ernte gegen die fürstlich Isenburgischen Anmaßungen und Schafe zu schützen. Da wurde ei-nes Tages von dem kleinen Serenissimus, oder vielleicht von seinen Stellvertretern der Befehl gegeben, mit den herrschaftlichen d. h. fürstlichen Schafen gegen die Diebacher in das Feld zu rücken, und die Saaten und Ernte den Schafen preis zu geben. Gleichsam als Herold ging vor-aus ein Amtsbefehl, ausgegeben von dem damaligen Amtmann Wörrishoffer. Dieser Befehl verbot den Diebachern alle Zusammenrottungen an dem fraglichen Tage, verbot ihnen, in das Feld zu ziehen, und sollten für diesen Tag nicht 3 Personen auf der Straße zusammenstehen. Diesem Herold folgte der Troß - 900 bis 1000 Stück Schafe, geführt von 2 Schafhirten, 2 Schä-ferknechten, 4 gut dressirten Schäferhunden, 1 Amtskeller oder Rentmeister, 1 Schreiber mit Jagdflinte, 2 hochfürstlichen Jagdaufsehern mit ditto und 2 wohlarmirten kurhessischen Gen-darmen. Die ganze Gesellschaft zog ernsten Schrittes in das Oberfeld, und schonte hier - wie man zu sagen pflegt - nicht das Kind im Mutterleibe, denn die hochfürstlichen Schafe ruinirten die ganze Ernte bis auf die Wurzel. Aber diese Brutalität hatte einige Diebacher trotz jenes Windischgrätzschen Amtsbefehls in das Feld geführt und ihnen bittere Klagen über die began-gene Scheußlichkeit abgelockt. Die Herren Gendarmen notirten diese Klagelieder und brachten solche bei dem gestrengen Herrn Amtmann zur Anzeige. Und siehe da: die 15 oder 18 Bauern, welche den Muth hatten, ihren Schmerz und Unwillen auszusprechen, büßten diese Tollkühn-heit mit 3-5 Rthlr. Strafe, welche zu 1/3 den Herren Gendarmen und zu 2/3 dem Ernst Wolf-gang zu Isenburg-Birstein in die Tasche flossen. Aber - wird mancher sagen - wie kommen denn die Herren Gendarmen zu dem Heuschreckenzuge? - Das will ich Euch sagen. Der Kommandant der Herren Gendarmen - der weiland Rittmeister Brandes, seligen Andenkens, war gar sehr dem Herrn Ernst Wolfgang von Birstein zugethan, weil ihn dieser gnätige Herr öf-ters zur Jagd eingeladen; und da bedurfte es nur eines Winkes, um den Herrn Brandes zu bestimmen, auf eigene Faust seine Hülstruppen marschiren zu lassen. Aber das Vergeltungs-recht bleibt nicht aus. Die Wohltaten, womit das Wolfgängchen von Birstein mit seinen Saträp-chen uns bisher überschütteten, und das Gute, welches der ächt kurfürstlich gesinnte Brandes mit seinen gut disziplinirt gewesenen Hülfsvölkern über uns brachte, ist seit den Märztagen des Jahres 1848 reichlich vergolten worden und wird hoffentlich immer noch mehr vergolten wer-den. - Ein schlichter Landmann liefert diesen Beitrag, wie der weiland Rittmeister Brandes sei-ner Zeit "der Schlechtigkeit, der Pflichtverletzung, der Willkür, dem Mißbrauch der Amtsgewalt etc. entgegengetreten ist und die Unterthanen in Schutz genommen hat." Der Teufel hole sol-che Schutzengel!


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